Hast du dir schon mal Gedanken über alte Gebäude gemacht? Bestandsgebäude erforderten nämlich bei ihrer Errichtung einen hohen Ressourcen- und Energieaufwand, was oft unberücksichtigt bleibt bei Entscheidungen über ihre Zukunft. Die gespeicherte Energie, graue Energie genannt, sollte aber bei Überlegungen, ob ein Gebäude weitergenutzt oder abgerissen und neu gebaut wird, mit einbezogen werden, denn der nachhaltige Umgang mit Bestandsgebäuden ist von großer Bedeutung für unsere Zukunft.

Eine Recherche zeigte mir interessante Aspekte, die ökologisch, ökonomisch und sozial für die Nutzung von Bestandsgebäuden sprechen. In diesem Beitrag erfährst du die Fakten, die mir zum Thema Bestandsgebäude am wichtigsten erscheinen, und Erfahrungen unseres Unternehmens. Los geht’s!

Bestandsgebäude abreißen hat Folgen für Umwelt und Klima

Abriss eines Bestandsgebäudes
Abriss eines alten Gebäudes

Wusstest du, dass wir in Deutschland jährlich pro Kopf 2,5 Tonnen Baumüll erzeugen? Lass die Zahl einen Moment wirken. Es ist doch paradox, dass bei Restmüll und Plastikabfall berechtigt von einer notwendigen Reduzierung gesprochen wird, aber nicht bei Baumüll, obwohl er 60 Prozent des Gesamtabfallaufkommens ausmacht. 

Leider wird oft übersehen, dass bei der Herstellung der Baumaterialien, die durch Abriss als Baumüll enden, graue Energie vergeudet wird. Entscheidet man sich für den Abriss, verliert man nicht nur die Möglichkeit, CO2-Emissionen durch Sanierung zu reduzieren, sondern es fällt auch ein erheblicher Aufwand für die Entsorgung der Baustoffe an. 

Was ist graue Energie bei Bestandsgebäuden und Gebäuden?

Graue Energie bezieht sich auf die Energie, die benötigt wird, um ein Gebäude zu errichten, einschließlich der oft umweltbelastenden Gewinnung von Materialien, Herstellung und Verarbeitung von Bauteilen, Transport, Installation und Entsorgung. Dazu zählen auch die Wege der Fachkräfte und der Treibstoffverbrauch der benötigten Maschinen. Laut Umweltbundesamt entstehen durch den Bausektor in Deutschland etwa 35 Prozent des gesamten Energieverbrauchs und 40 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen. 

Die Herstellung von Baumaterial ist übrigens besonders energieintensiv. Zement, Stahl, Beton, Keramik, Fliesen, Ziegelsteine – die Gewinnung und der gesamte Prozess der Rohmaterialien zu fertigen Produkten verursacht erhebliche Mengen CO2. Werden Bestandsgebäude abgerissen, geht die darin gebundene graue Energie verloren, zusätzlich wird neue graue Energie sowohl für die Räumung des Grundstücks als auch für den Neubau aufgewendet. 

Klimaziele einhalten durch Weiternutzung von Bestandsgebäuden statt Abriss

Architects for Future kennt die immense Bedeutung der grauen Energie alter Gebäude. Die Initiative, die aus der Fridays for Future Bewegung hervorgegangen ist, arbeitet für einen nachhaltigen Wandel im Bauwesen und betont dabei die Wichtigkeit, dass die Baubranche das Klimapotential bestehender Gebäude nutzt, um Deutschlands Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen zu erfüllen. Um das Ziel zu erreichen, ist es jedoch notwendig, die Sanierungsquote mindestens zu vervierfachen.

In Deutschland erschweren strenge Bauvorschriften und teils hohe Kosten für eine Gesamtsanierung die Steigerung der Sanierungsquote. Außerdem gibt es keine Pflicht, bei einem Abriss nachzuweisen, dass ein Neubau eine bessere Klimabilanz hat als eine Sanierung, um eine Abrissgenehmigung zu erhalten, wie es in anderen Ländern bereits der Fall ist. Hier müssen die Bundesländer nachbessern, denn das Baurecht ist in Deutschland dank des Föderalismus Ländersache.

Zum Thema Abriss äußert sich Architects for Future wie folgt, Zitat:

“Hinterfragt Abriss kritisch

Nicht nur werden wertvolle und schwindende Ressourcen bei einem Abriss und Neubau verschwendet, sondern auch bedeutend mehr Energie. Bei der Betrachtung der Energiebilanz des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes fällt auf, dass durch die Bewertung von grauer Energie eine Sanierung jedem Neubau, selbst dem von Passivhäusern, vorzuziehen ist.”

https://www.architects4future.de/statement

Aus diesem interessanten Kurz-Video geht gut hervor, warum die Sanierung von Bestandsgebäuden einen geringeren ökologischen Fußabdruck hat als ein Neubau, selbst wenn nicht das Neubau-Niveau erreicht wird:

Bestandsgebäude statt Neubau: weitere Vorteile

Bestandsgebäude haben weitere Vorzüge. Sie sind bereits da und warten nur darauf, wiederbelebt zu werden. Sie sind wie der coole Typ auf einer Party, der bereits eine Menge erlebt und viel zu erzählen hat, anstatt wie der Neue, der sich noch beweisen muss. Es ist also ein Fehler, alte Gebäude über ihren ökologischen Wert hinaus zu unterschätzen.

Unser Unternehmen hat ein solches, besonderes Zuhause in einem historischen Bestandsgebäude im Suhler Simson-Gewerbepark. Hier, wo einst die begehrten DDR Simson-Mopeds produziert wurden, haben wir das Gebäude an unsere Bedürfnisse angepasst. Wir haben die Produktionshallen für die Wiederaufbereitung von leeren Tonerkartuschen und Tintenpatronen, aber auch Büros, verschiedene Abteilungen und Meeting- und Konferenzräume eingerichtet. 

Besonders schön ist der einzigartige Charakter und Charme des Gebäudes, auch wenn es eine kleine Herausforderung war, vor allem die Produktion in die vorhandenen Baulichkeiten zu integrieren. Tatsächlich sind wir stolz, dass unsere Wahl bis heute positive Folgen für Umwelt und Klima hat.

Die Umnutzung eines alten Baumarkts in ​​„unserem” Gewerbepark hat übrigens auch eines unserer engen Partnerunternehmen, Demski Recycling, glücklich gemacht. Diese Kooperation sichert kurze Transportwege von leeren, gesammelten Druckerkartuschen zu uns und reduziert dadurch negative Auswirkungen für Umwelt und Klima. Win-win!

Einen weiteren Vorteil haben nicht alle, aber doch einige Bestandsgebäude: ihre begehrte Lage. So manche Lage wäre für einen Neubau unerschwinglich, doch genau diese kann für Unternehmen und Einzelhändler ein überlebenswichtiger Vorteil sein. 

Zudem schafft ein altes Gebäude eine Verbindung zur Vergangenheit und Geschichte einer Stadt oder Region. Es war übrigens auch für uns als Wiederaufbereiter mit großer Treue zur Heimat ein wichtiger Grund, die Produktion im Suhler Simson Gewerbepark zu starten und auch in Zukunft beizubehalten. 

Jetzt habe ich viel von uns und Unternehmen generell berichtet, die Bestandsgebäude für sich entdeckt haben, doch auch im Wohnsektor sind sie von Bedeutung.

Fehlender Wohnraum: Bestandsgebäude umnutzen statt abreißen

Der angespannte Wohnungsmarkt macht Deutschland zu schaffen, es fehlen hunderttausende Wohnungen. Besonders in Städten ist bezahlbarer Wohnraum Mangelware. Daher empfehlen immer mehr Experten aus der Baubranche, Bestandsgebäude umzunutzen, um mehr Wohnungen zu schaffen. Dies hat sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile. Für Neubauten sind je nach Standort die Herstellkosten plus Grundstückskosten so hoch, dass am Ende entweder die Mieten horrend oder die Investoren Pleite sind.

Bestandsgebäude können dagegen mit klugem Vorgehen so umgenutzt und umgebaut werden, dass die Kosten sich nur auf ein Drittel von Neubaukosten belaufen. Ein positives Beispiel dafür sind 340 Wohnungen, die auf dem ehemaligen Thyssen-Gelände in Düsseldorf entstanden sind. Der ehemalige Bürokomplex sollte ursprünglich abgerissen werden, doch letztendlich setzten sich die Vorteile der Umnutzung durch Umbau und Sanierung durch und haben bezahlbaren Wohnraum in guter Lage geschaffen. 

Dass durch solche Umnutzungs- sowie Sanierungsprojekte auch graue Energie erhalten bleibt und so Vorteile für Umwelt und Klima entstehen, erfreut zunehmend Investoren und Wohnungsunternehmen, denn auch Entscheidungsträger sind sich ihrer Verantwortung für eine klimafreundliche Gestaltung der Zukunft zunehmend bewusst.

Kurz zusammengefasst: 6 Vorteile von Bestandsgebäuden

  1. Ökologische Nachhaltigkeit: Die Nutzung bereits bestehender Gebäude kann zu einer Reduktion von Energie- und Materialverbrauch beitragen, da keine zusätzlichen Ressourcen für einen Neubau benötigt werden.
  2. Abfallreduzierung: Die Verwendung bestehender Gebäude hilft, Abfall zu reduzieren, der aufwändig entsorgt werden muss.
  3. Kosteneinsparungen: Die Nutzung bestehender Gebäude kann je nach Standort und Projekt kostengünstiger sein als der Neubau.
  4. Lagevorteile: Bestandsgebäude befinden sich oft in begehrten Lagen, die für Neubauten unerschwinglich sind.
  5. Charakter: Bestandsgebäude haben oft einen einzigartigen Charakter, der durch Neubau meist nicht erreicht werden kann.
  6. Geschichte: Die Nutzung bestehender Gebäude kann eine Verbindung zur Vergangenheit und zur Geschichte einer Stadt oder Region schaffen.

Fazit: Setze dich für den Erhalt von Bestandsgebäuden ein! 

Trotz positiver Beispiele werden in Deutschland nach wie vor Bestandsgebäude lieber abgerissen, statt sie zu erhalten. Sicherlich sind einige Abrisse gut begründet und unvermeidlich. Dennoch ist ein Großteil der Entscheidungen eine verpasste Chance, ökologisch und klimafreundlich zu handeln und alte Gebäude umweltentlastend zu sanieren.

Ein klimagerechter Wandel der Baubranche ist unverzichtbar, dazu zählt auch die Berücksichtigung der Kreislaufwirtschaft. Aber nur Neubauten darauf auszurichten, dass ihre Bauteile wiederverwendet werden können, ist nicht die Lösung. Gebäude, die nicht abgerissen, sondern modernisiert werden, sind ein Plus für Umwelt und Klima durch den Erhalt der in ihnen gebundenen grauen Energie.

Setze dich darum für den Erhalt von Bestandsgebäuden ein, informiere andere über die negativen Auswirkungen von Abrissen und beteilige dich an Bürgerinitiativen und Petitionen, wenn in deiner Nähe erhaltenswerte Gebäude dem Erdboden gleichgemacht werden sollen!

EDV Worms Tintenmarkt Banner

Titelbild © PIXEL to the PEOPLE/shutterstock.com